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Hammerköpfe

Hammerkopf neu befilzen, neue Hammerköpfe oder alte Hämmer?

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Wenn man über Flügel spricht, ist der Hammerkopf ein Dauerthema. Oft werden die Hämmer dabei sogar isoliert vom restlichen Piano betrachtet und müssen bald für fast alle Probleme herhalten. Oder aber sie sollen die Lösung für alle Probleme bieten. In der Flügelherstellung nehmen die Hammerköpfe nur einen kleinen Kostenpunkt ein, deren Nachbearbeitung verschlingt dagegen viel Zeit. Es gibt zahlreiche Theorien zum Hammerköpfe-Abziehen zur Erlangung der richtigen Hammerform, in der Art "ein spitzer Hammerkopf kling auch spitz" oder "ein Birnenförmiger klingt nach? ... Birne" oder umgekehrt. Noch viel umfangreicher sind die Theorien zur Intonation, wobei mittels zahlreicher zum Teil hunderter Nadelstiche nach mysteriösen Schemen der Filz optimiert werden soll.

Natürlich verändert sich dadurch der Klang aber zumeist nicht sehr dauerhaft. Die Intonation soll die Unregelmäßigkeiten der Akustik ausgleichen, sprich den Klang an das schwächste Glied anpassen. Ob das klanglich so vorteilhaft ist? Dazu hat fast jeder schon seine eigenen Erfahrungen gesammelt. Könnte man nicht lieber die Akustik intonieren, damit es gar nicht erst zu Unregelmäßigkeiten kommt? Mit moderner Messtechnik scheint dies sogar machbar.

Ich hatte in einer historischen Literatur einmal gelesen, dass der Hammer, so wie er aus der Hammerkopf-Presse kommt, klingen muss und wohl auch tat. Ob dem so war oder dies auch nur eine weitere "Hammerkopf - Wahrheit" ist, weiß ich natürlich auch nicht. Aber neugierig bin ich doch. Ich hatte im Zuge meiner Studienarbeit etliche wissenschaftliche Arbeiten zu diesem Thema gelesen. Die Lösungen auf meine Fragen waren dort auch nicht zu finden, aber ich hatte neue Anhaltspunkte. Schließlich wollte ich wissen, wie funktioniert der Hammerkopf im Allgemeinen und wo gibt es Unterschiede im Konkreten. Hierzu hatte ich versucht, die wichtigen physikalischen Größen zu isolieren und hierfür eine Messmethode entwickelt. Daraufhin konnte ich verschiedene Hammerköpfe etwas objektiver vergleichen. Neben klangprägenden Größen, die aber per se weder gut noch schlecht waren, konnte ich eine Größe isolieren, die mir sehr entscheiden erschien. Es ist so eine Art innere Reibung, genauer gesagt, der dissipative Anteil des viscoelastischen Federverhaltens des Hammerkopf-Filzes. Diese Reibung nimmt scheinbar durch allerlei Nachbearbeitung noch zu. Weshalb dies schlecht ist, sollte jedem einleuchten, insofern Reibung den Verschleiß erhöht und einem stabilen Klangbild im Wege steht. Eine Folge ist die rasche Veränderung der Intonation und der Klang wird nie mehr "so wie früher", bis vielleicht neue Hammerköpfe die Uhr zurückstellen.

Was nun? Die anfängliche Frage: Hammerkopf neu befilzen, neue Hammerköpfe oder alte Hämmer? Bei den Hammerköpfen aus dem Experiment hatten die alten Hämmer von 1900 eine etwas niedrigere innere Reibung. Neue und insbesondere junge gebrauchte Hammerköpfe hatten eine größere innere Reibung. Das Dilemma beginnt dann, wenn die alten Hämmer einfach zu abgespielt sind. Nun würde ich dahingehend einen neuen Hammerkopf der Neubefilzung vorziehen, da ich diesen Hammer vor dem Einbau testen kann und so nicht die Katze im Sack kaufe. Aus Sicht der Restaurierung wäre natürlich ein Neubefilzen schöner.

Die innere Reibung ist nicht konstant und verläuft auch nicht linear. Bei besonders leichtem Anschlag verläuft die Deformation bei einigen Hämmern fast rein elastisch, das heißt, ohne nennenswerte Reibungsverluste. Ich habe dies an verschiedenen Instrumenten getestet und war überrascht, dass man in der Tat beim leisesten Pianissimo das Gefühl hat, das unverfälschte Instrument zu hören und die Hammerkopf-Eigenheiten in den Hintergrund rücken. 

Ich werde an anderer Stelle noch gezielter auf die Hammerkopf-Physik eingehen. Geht man mit der Maus über das Bild oben, sind im Wechsel ein alter Bechstein-Hammerkopf und ein neuer Renner-Hammerkopf zu sehen. Deutlich sind die Unterschiede der Filzfaser und der Struktur zu sehen. Unten: Getestet Hammerköpfe.

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